Skip to main content
Brown Dog Statue

Original-brown-dog-statue“ von National Anti-Vivisection Society – Gemeinfrei über Wikimedia Commons.

Zur Vorbereitung von Gesprächen mit der Union hinsichtlich der Novellierung des Tierschutzgesetzes hat die SPD-Bundestagsfraktion ein Positionspapier zum Tierschutz herausgegeben. Das Papier ist grundsätzlich zu begrüßen, geht jedoch längst nicht weit genug. Sozis für Tiere kritisiert in einer Replik die problematischen Grundannahmen und entwickelt aus einem solidarischen und empathischen Verhältnis zu Tieren eigene Forderungen.

  • SPD will Novellierung des Tierschutzgesetzes noch in dieser Legislatur
  • Nicht Aufgabe linker Politik Tierausbeutung zu unterstützen
  • Benachteiligung von pflanzlichen Alternativen jetzt beenden!

Es ist ganz einfach: Wer Tiere schützen will, darf sie nicht essen oder an ihnen Experimente durchführen. Die Steigerung des Wohlbefindens von Tieren vor der Tötung ist für uns kein Tierschutz. Es ist die Verdrehung des Wortes Tierschutz, die aus einem Tierschutzgesetz ein Tierausbeutungsgesetz macht.
Die Produktion- und Tötung von Tieren ist ein Macht-, Herrschafts- und Ausbeutungssystem. Menschen konstruieren Nutz- und Haustiere und haben ein System der Ungleichbehandlung von gleichermaßen bewussten und schmerzempfindenden Lebewesen geschaffen.
Es ist allerdings überhaupt nicht klar, dass Politik stabilisierend auf Ausbeutung und Ungleichbehandlung wirken müsste. Viele linke Akteur*innen und Gruppierungen haben bereits ein progressiveres Verhältnis zu anderen Tieren gefunden.
Sozis für Tiere fordert daher die SPD auf, außerhalb des Paradigmas der „Wege zu einer gesellschaftlich akzeptierten Nutztierhaltung“ zu denken, und die generelle, auch sozialdemokratische, Kritk an der Tierproduktion überhaupt endlich wieder aufzunehmen.

Auch muss die SPD verstärkt beachten, dass sich immer mehr Menschen von einer „akzeptierten Nutztierhaltung“ entfernen und sich an einer vegetarischen und veganen Ernährung orientieren.

Kennzeichnung von tierischen Inhalten in Lebensmitteln

Ein verbindliches Tierschutzlabel, wie im Positionspapier Tierschutz gefordert, reicht nicht aus. Wir brauchen allgemein eine bessere Kennzeichnung von Lebensmitteln.
Die Inhaltsstoffe auf Lebensmittelverpackungen sind oft unzureichend und irreführend deklariert. In vielen vermeintlich pflanzlichen Lebensmitteln verstecken sich tierische Bestandteile, die bisher nicht deklariert werden müssen: z.B. der rote Lebensmittelfarbstoff Karmin der aus einer Laussorte gewonnen wird.
Es reicht nicht, tierische Bestanteile nur dann zu kennzeichnen, wenn sie einen wesentlichen Teil des Produktes ausmachen oder ein Allergierisiko bergen! Sind die tierischen Bestandteile „nur“ Verarbeitungshilfsstoffe, die nicht im Produkt bleiben (wie Gelatine zum Klären von Fruchtsäften) müssen sie bisher nicht gekennzeichnet werden. Aber auch dafür müssen Tiere ihr Leben lassen und Verbraucher*innen werden irregeführt.
Wir fordern eine Verbraucher*innenfreundliche Lebensmittelkennzeichnung und, dass Hersteller verpflichtet werden tierische Verarbeitungshilfsstoffe und Bestandteile auf Lebensmittelverpackungen zu deklarieren. Denn nur wenn Lebensmittel auch korrekt gekennzeichnet sind, können Verbraucher*innen bewusst tierische Lebensmittel ausschließen.

Tierversuche vollständig ersetzen

Tierversuche müssen nicht nur weiter reduziert werden, wie die SPD es fordert, sondern perspektivisch beendet werden. Danach sieht es aber nicht aus: In Deutschland gibt es jährlich mehr als 3 Millionen Tierversuche. Die finanzielle Förderung von Alternativen, etwa In-vitro oder In-silico, ist jedoch weiterhin sehr gering (BMBF) und muss entsprechend stark ausgebaut werden. Wir brauchen außerdem mehr Transparenz in den Hochschulen, etwa öffentliche Berichtspflichten mit Maßnahmen und Zielen zur Vermeidung von Tierversuchen. Außerdem brauchen wir Lehrstühle für den Ersatz zu Tierversuchen und eine schnellere Zulassung von Alternativen.

Steuern und Subventionen für Tiere

Die von der SPD geforderte Umschichtung von der ersten in die zweite Säule der EU-Agrarpolitik ist richtig. Sie ist jedoch nicht ausreichend.
Wie der BUND berichtet, werden in Deutschland 950.000 Millionen in den Futteranbau von „Masttieren“ gepumpt und der Bau von Ställen mit bis zu 50 Prozent der Investitionssumme gefördert. Hier wollen wir die schwarze Null.
Weiterhin ist eine Beendigung der Benachteiligung von pflanzlichen Alternativen erforderlich. Es kann zum Beispiel nicht sein, dass Milch als Grundnahrungsmittel betrachtet wird und somit der ermäßigte Mehrwertsteuersatz von 7 % gilt, währenddessen Sojamilch, die Sojadrink heißen muss, mit 19 % besteuert wird.

Pflanzenpower in der Gemeinschaftsgastronomie

In staatlichen Einrichtungen oder vom Staat finanzierten Einrichtungen mit einem Verpflegungsangebot ist, mit den Nutzer*innen, der Anteil an pflanzlichen Gerichten mit verschiedenen Maßnahmen, wie Koch-Schulungen, Tierschutz- und Klimaessen, auszubauen. Der Staat muss diese Maßnahmen finanzieren und sich auch an der Bewerbung beteiligen. Maßnahmen, die zu einem geringen Tierverbrauch führen sind nicht nur effektive Tierschutzarbeit, sondern sorgen meist auch für eine bessere Umweltbilanz.

Wildtierzirkusse adé

Seit Jahren schon kämpft die SPD gegen Wildtierzirkusse, sowohl in den Kommunen als auch im Bundesrat. Allerdings haben es die Kommunen ohne eine Regelung auf Bundesebene sehr schwer, Wildtierzirkusse zu verbieten. Die Abschaffung von Wildtierzirkussen ist dringend nötig, denn die Wildtiere können ihren Bewegungsdrang nicht ausüben und werden zur Unterhaltungszwecken versklavt. Die Unterscheidung zwischen Wildtieren und Nicht-Wildtieren, wie in dem Positionspapier Tierschutz, bleibt allerdings willkürlich, daher fordern wir einen Zirkus ganz ohne Tiere.

Es ist nicht Aufgabe der SPD die gesellschaftliche Akzeptanz für die Ausbeutung von Tieren zu steigern, indem eine vermeintlich „artgerechte Haltung“ für Tierschutz verkauft wird. Gleichwohl bleiben viele Positionen der SPD richtig, weil sie die Kosten für den Tierkonsum erhöhen. Der SPD-Ansatz bleibt jedoch zu kurz gedacht, weil er nicht für die Beendigung der Tierausbeutung kämpft.

Bannerbild: „Brown Dog statue, Battersea, London(2)“ by Unknown photographer for the National Anti-Vivisection Society – Photograph taken by or on behalf of the National Anti-Vivisection Society in 1906. Source is Encyclopaedia Britannica, Advocacy for Animals, 10 January 2010.. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons.