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Nach dem Urteil zum zweiten Nachtragshaushaltsgesetz musste die Bundesregierung an vielen Stellen ihres Haushaltes kürzen. Das führte zu Protesten betroffener Gruppen. Besonders laut – und vermeintlich erfolgreich – waren dabei die Bäuerinnen und Bauern.

In Zeiten multipler Krisen, wie dem russischen Angriffskrieg, dem Angriff auf Israel, der Klimakrise, dem grassierenden Rechtsruck und den stetig wachsenden Infrastrukturschulden kommt bei der Haushaltskrise und der Streichung von Subventionen in der Landwirtschaft einiges zusammen, über das sich zu reden lohnt.

Ein paar Einordnungen als politischer und der Sozialdemokratie nahestehender Tierschutzverein

Banner "Keine Milliarden für die Tierindustrie" und weiterer vor Messegelände Berlin

Unsere Banner vor dem SPD Bundesparteitag 2023

Ganz zentral ist sicher das Festhalten an einer neoliberalen schwarzen Null, die zu keiner sozialen Gerechtigkeit oder Zukunftsfähigkeit führt, sondern Transformation der Wirtschaft verhindert, Brücken einstürzen lässt und so den Rechtspopulisten Nahrung gibt und auch diese Krise verursacht.

Es scheint vorläufig auch kein Ende dieses Diktats der schwarzen Null in Sicht, da andere Mehrheiten für Rot-Grün aktuell nicht absehbar sind.

Ebenso zentral müssen Mängel im Regierungshandwerk und der -kommunikation genannt werden, denn offenbar hat sich der Modus Operandi nicht bewährt, wenn Beschlüsse nach so kurzer Zeit wieder kassiert werden.

Schließlich sind die landwirtschaftlichen Akteur*innen gefordert, sich gegen Rechts zu positionieren, sich politisch zu sensibilisieren und die Vereinnahmungsversuche entschieden abzuwehren.

Gleichzeitig wird darüber nachzudenken sein, ob darüber hinaus die Protestformen legal waren; und ob nicht bei Protesten von Klimaktivist*innen, die gesamtgesellschaftlich wahnsinnig wichtig sind, mit einem anderen Maß gemessen wird. (zeit.de, spiegel.de, vorwaerts.de)

Wenn allerdings die derzeitigen Proteste Zeichen eines allgemeinen Unmuts der Landwirtschaft sind und nicht nur auf die geplante Streichung von Subventionen zurückführbar, könnte auch diese einmal innehalten und sich fragen, ob alle Verbände sie gut vertreten, wenn diese sie mit viel Einfluss die letzten Jahre und Jahrzehnte repräsentiert haben und sie sich trotzdem in dieser frustrierenden Lage wiederfinden.

Der Deutsche Bauernverband beispielsweise ist politisch extrem gut vernetzt, besonders in die CDU/CSU hinein. Diesen Einfluss hat er aber vor allem genutzt, um den Status Quo zu sichern und Großbetriebe zu stärken.

Die Subventionierung von Agrardiesel zu beenden ist eine sinnvolle Maßnahme, da dies eine klimaschädliche Subventionierung darstellt. Wird sie gestrichen, fehlen der Landwirtschaft allerdings unmittelbar Einnahmen (2-3% der Gewinne, oder 5% der Beihilfen). Und hier zeigt sich die Triebfeder Haushaltskonsolidierung und nicht etwa Klimaschutzpolitik. Als Klimamaßnahme hätte die Streichung an anderer Stelle ausgeglichen werden können, als Maßnahme zur Konsolidierung des Haushalts funktioniert dieser soziale Ausgleich schlechter.

Letztlich sind die fehlenden Einnahmen nicht nur ein (kleineres) Ärgernis für eine Branche in der Dauerkrise. Sie stellen auch einen Wettbewerbsnachteil dar.

Plan, Planbarkeit und wirksame Maßnahmen

„Die SPD ist agrarpolitisch eine Nullstelle, da ist ja nichts. Und da mache ich mir für diese Legislaturperiode auch keine Hoffnung.“

Greenpeace Interview mit einem Landwirt

Das Zitat mag in der Härte nicht treffend sein. Dass die Agrarpolitik allerdings nicht das Steckenpferd der Sozialdemokratie ist uns auch allen leidvoll bewusst.

Es braucht also einen Plan oder mehrere Pläne oder gar eine Vision und den Austausch mit der Zivilgesellschaft. Und es braucht Planbarkeit: Da die Probleme riesig sind, braucht es einen großen Ruck, aber keine ruckartigen Änderungen.

Und weil das so ist, müssen sofort Maßnahmen erarbeitet und diskutiert werden, damit es keine weiteren Schnellschüsse oder Überraschungen gibt. Wir brauchen schnell Umsetzungen und keine weiteren Jahre Stillstand im Agrarsektor.

Volle Mehrwertsteuer auf Tierprodukte – Reduzierter Satz für Obst, Gemüse und pflanzliche Alternativen

Wie auch das Umweltbundesamt plädieren wir für eine an der Klimakrise orientierten Besteuerung von Lebensmitteln. Ganz konkret bedeutet dies, dass auf Tierprodukte der reguläre Mehrwertsteuersatz zu zahlen ist, auf Obst, Gemüse und pflanzliche Alternativprodukte der reduzierte Satz. So könnte der Staat sogar 2,5-3 Mrd. Euro einsparen oder an die Bevölkerung zurückgeben.

Dies ist ein ganz wichtiger Schritt auf dem Weg zu einem nachhaltigen Ernährungssystem. Gleichzeitig schafft man keinen Wettbewerbsnachteil für die deutsche Landwirtschaft.

Wir brauchen jetzt verlässliche und wirksame Maßnahmen in der Landwirtschaft für Klimaschutz und nachhaltiges Wirtschaften. Dies gelingt nur mit deutlich weniger Tierleid und Tierfabriken. Änderungen in der Besteuerung von Lebensmitteln sind dabei nur der erste Schritt.

Sozis für Tiere zeigt, was noch notwendig ist.