Der folgende Artikel ist ein subjektiver Bericht von Stefan über die Konferenz. Er deckt sich nicht notwendigerweise mit den überwiegenden Ansichten innerhalb von Sozis für Tiere.
Die Konferenz „Tiere sind keine Ware!“ der Bundestagsfraktion und der Landtagsfraktion Hessen fand am 21. Februar 2015 im hessischen Landtag in Wiesbaden statt. Es war für die Linke die erste Veranstaltung dieser Art und sie war mit 150 Anmeldungen sehr gut besucht. Mit Referent*innen aus unterschiedlichen Themenfeldern und Grußworten, Vorträgen, Workshops, Podiumsdiskussion und Vernetzungstreffen war das Konferenzprogramm ansprechend gewählt.
Die Fraktionsvorsitzende der Linken in Hessen, Janine Wissler, machte gleich zu Beginn der Veranstaltung auf die Gefahren von TTIP für den Tierschutz aufmerksam. Sie befürchtet eine Aufweichung durch schwächere amerikanische Regelungen.
Die hessische Tierschutzbeauftragte Madeleine Martin hielt ein spannendes Grußwort über ihre langjährige Erfahrung mit der Legislative und Exekutive in Hessen, in welchem sie auf die schwierige Lage der Amtsveterinär_innen hinwies, die sich in einem Spannungsfeld unterschiedlicher Interessen befinden.
Im Anschluss daran ging es in die Workshopphase; von den angebotenen Workshops „Massentierhaltung aus Tierperspektive“, „Massentierhaltung aus Verbraucher_innenperspektive“, „Massentierhaltung aus Umweltperspektive“, „Tierversuche“ und „Tierheime“ habe ich mich für den Workshop „Massentierhaltung aus Verbraucher_innenperspektive“ von Konstantinos Tsilimekis, Leiter des Wissenschaftsressorts der Albert Schweitzer Stiftung für unsere Mitwelt, entschieden.
Konstantinos hielt ein Inputreferat über die Werbemethoden und Werbelügen der Tierausbeutungsindustrie auf der einen und Erhebungen zu Haltungsformen, Skandalen der Agrarwirtschaft sowie Schäden für die Allgemeinheit auf der anderen Seite. Außerdem brachte er einige spannende Hebel/Forderungen in die Runde ein. Die anschließende Diskussion brachte einige weitere interessante Ansätze ans Tageslicht, hakte sich aber meines Erachtens nach, obwohl interessant, zu lange an der Frage pro/contra Labels fest und verlor sich dann oftmals in der Frage, ob Reformismus oder Abolutionismus angestrebt werden solle. Die Frage, welche Themen konkret kommunalpolitisch – in Hessen ist nächstes Jahr Kommunalwahl – angefasst werden könnte, blieb leider auf der Strecke.
Es folgten ab 13 Uhr Kurzvorträge, welche unter anderem einige Aktivitäten linker Akteur*innen sichtbar machten. Konkret wurde Louise Michel sowie Rosa Luxemburg und ihr Büffelbrief angesprochen. Auch wurde der Londoner Brown Dog Riot der Arbeiterklasse der Jahre 1902-1910 genannt sowie auf die vegetarischen Restaurants des Internationalen Sozialistischen Kampfbundes, einer starken, wenn auch nicht unkritischen, Widerstandsgruppe gegen Nazi-Deutschland Bezug genommen. Vermisst habe ich hier eine Erwähnung des Artikels „Sogar Vegetarier“ von Willi Eichler (ISK), dem späteren Vater des Godesbergerparteiprogrammes der SPD, die teils differenzierten Textstellen von August Bebel zur „kommunistischen Küche“ in seinem Buch „Die Frau und der Sozialismus“ sowie eine Erwähnung der Anarchistin Clara Wichmann. Von einer Verbreitung dieser Akteur*innen bzw. ihrer Ansichte innerhalb der, in der Konferenz öfter genannten „linken Bewegung“, könnten wir wohl alle profitieren.
In der anschließenden Podiumsdiskussion zu „Perspektiven zur Überwindung von Tierausbeutung. Möglichkeiten parlamentarischer und außerparlamentarischer Initiativen“ konnten der Soziologe Marcel Sebastian von der Hamburger Forschungsgruppe Human-Animal-Studies, Daniel Mettke vom Bio-Veganen Netzwerk für Landwirtschaft und Gartenbau (BVN), Alexander Naniev vom veganen Roots of compassion Kollektiv, ein Aktivist der Darmstädter Tierrechtsgruppe Voice of liberation und die beiden Abgeordneten Barbara Cárdenas (MdL) sowie und Hubertus Zdebel (MdB) unter Moderation von Eva Bulling-Schröter (MdB) ihre Sichtweisen darlegen. Besonders die Darstellungen von Marcel Sebastian (Soziologe), Daniel Mettke (Bio Veganes Netzwerk) und Alexander Naniev (Roots of Compassion) haben mir sehr gut gefallen. Zudem machte Barbara Cárdenas auf die Notwendigkeit einer internationalen Ausrichtung aufmerksam. Die Feststellung, dass wir (Menschen) ausgebeutete und Ausbeutende sind war nicht neu, kann aber sicherlich nicht oft genug wiederholt werden.
Fazit: Ein spannende politische Konferenz für Tiere
Den Organisator*innen gebührt ein großer Dank! Die Planung und Durchführung der Konferenz war professionell und auch die Auswahl der Themen war sehr durchdacht. Mit 150 Anmeldungen war die Konferenz auch ziemlich gut besucht. Auch das Vernetzungstreffen am Ende der Konferenz habe ich als ein sehr sinnvolles Angebot wahrgenommen.
Ein bisschen enttäuscht war ich über die doch noch sehr allgemein gehaltene antikapitalistische Kritik. Teilweise wurde diese skizziert, teilweise lediglich auf Allgemeinplätze wie „logischer Zusammenhang“ oder auf Dichotomien wie Mann-Frau, Vernunft-Gefühle, Menschen-Tiere als Grundlagen für die Ausbeutungsverhältnisse verwiesen.
Für eine erste Konferenz sind diese Schwächen aber sehr entschuldbar und alle anderen Parteien sollen der Linken eine solche Konferenz, mit inhaltlichem Anspruch der Bekämpfung der Ausbeutung von Tieren, erst einmal nachmachen.
p.s.: Sehr positiv habe ich die ausliegende antidotincl. zum Themenbereich Marxismus und Tierbefreiung der Tierrechtsgruppe Zürich wahrgenommen: Dem Schlachten ein Ende setzen.