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[alert type=“info“ close=“false“]Nachdem der Landwirtschaftsminister Schleswig-Holsteins, Dr. Robert Habeck, der „Tierhaltung aus ethischer Sicht ein grundsätzliches Rechtfertigungsproblem“ attestierte, reagierte die Tierärztin und SPD-Bundestagsabgeordnete Dr. Karin Thissen auf diese Aussage mit Unverständnis. Wir haben mit unserer Pressemitteilung Sozis für Tiere kontert Behauptungen SPD-Tierärztin (Facebook) geantwortet und den Dialog mit Karin Thissen gesucht. Die inhaltliche Diskussion begann mit unserer Stellungnahme (PDF), auf die uns Karin Thissen am 31.05.2016 geantwortet hat:[/alert]

Lieber Stefan,

vielen Dank für deine Nachricht und die Links.

Was die vegane Ernährung anbelangt, sind wir uns über weite Strecken einig. Du schreibst: „Wir sehen schon auch die Probleme, die mit einer rein veganen Ernährung verbunden sind: es gibt bestimmte Nährstoffe, auf die zu achten ist und die es erfordern, dass eine vegan lebende Person ihren persönlichen Speiseplan mit Bedacht zusammenstellt. Darüber hinaus ist es wichtig, Vitamin B12 (z.B. in Tablettenform oder mittels entsprechender Zahnpasten) zu supplementieren.“ In diese Richtung gehen ja auch die Studien. Und das ist genau mein Punkt: aus ernährungsphysiologischer Sicht ist die vegane Ernährung nicht vollwertig. Unabhängig vom fehlenden Vitamin B12 ist für mich auch unklar, ob Sojaprotein alle 20 essentiellen Aminosäuren enthält, die der Mensch benötigt.

Dass eine vegane Ernährung durchführbar ist, wenn man sich nur gut informiert und entsprechende Nahrungsergänzungsmittel zuführt, ist doch ein anderes Thema. Dass die Deutschen im Durchschnitt zu viel Fleisch essen und das wiederum negative Konsequenzen für ihre Gesundheit, aber auch, durch unsere von Massentierhaltung dominierte Landwirtschaft, auf Umwelt und Tiere hat, steht auch auf einem anderen Blatt. Ich verwehre mich einfach dagegen, dass zum einen von „vegan-vegetarisch“ gesprochen wird – denn vegan und vegetarisch sind zwei paar Schuh‘! Zum anderen verwehre ich mich gegen den Vorwurf, vegane Ernährung sei vollwertig und alle, die das bestritten, seien ignorant.

Außerdem hast du mir noch Links zur bioveganen Landwirtschaft geschickt. Leider hat die biovegan.org*-Seite ein Problem, so dass ich die Seiten nicht aufrufen konnte – aber sei es drum. Um tierlose Landwirtschaft ging es mir ja auch nicht. Ihr schriebt in eurem Beitrag auf der Website, ich würde keine funktionierende vegetarische Landwirtschaft kennen. Das stimmt! Nun muss ich aber sagen: ihr scheinbar auch nicht. Ihr sprecht euch gegen die Nutztierhaltung an sich aus. Die Fruchtbarkeit der Böden soll durch ein entsprechendes Ackermanagement (Fruchtfolge, Pflügen, Brachen, …) erhalten bleiben. So weit, so gut (wobei ich diese radikale Abkehr zu Gunsten von B12-angereicherter Zahnpasta nicht nachvollziehe). Wird es dann Zoos geben, in denen Schweine, Rinder, Hühner, Puten, Kaninchen, … zu Anschauungszwecken – tja: „gehalten“ werden, wobei ihr Tierhaltung an sich ja ablehnt… oder werden unsere Nutztierrassen rundweg aussterben? Wie soll der Erhalt der Biodiversität gewährleistet werden?

An dieser Stelle werden wir uns wahrscheinlich darauf einigen müssen, dass wir uns nicht einigen können.

Ich werde mich weiterhin für den Schutz von landwirtschaftlichen Nutztieren einsetzen, für eine artgerechte Haltung, gegen Qualzuchten, für die Einhaltung und Erhöhung der gesetzlichen Standards bei Haltung, Transport und Schlachtung, für eine gute Ausbildung derjenigen, die mit Tieren umgehen. Für euch mag das bestenfalls ein kleiner Zwischenschritt sein. Nichtsdestoweniger würde ich mich über einen respektvollen Austausch freuen. Außerdem bitte ich darum, diese Email auf eure Website zu stellen als Ergänzung zu eurer Pressemitteilung vom 28. April.

Schöne Grüße,

Karin Thissen

* Anmerkung: Die Seite funktioniert zwischenzeitlich wieder.
[alert type=“false“ close=“false“]Wir haben diese Antwort von Karin Thissen in unserer Stellungnahme (PDF) mit euch diskutiert (Facebook) und ihr geantwortet.[/alert]

Image by Manuel Blaich from Pixabay