Sogar Vegetarier wurde von Willi Eichler im Jahr 1926 in isk. Mittelungsblatt des Internationalen Sozialistischen Kampf-Bundes veröffentlicht. Willi Eichler war später Vater des Godesberger Parteiprogramms und langjähriger Angehöriger des Bundesvorstandes der SPD. Er argumentiert in dieser wichtigen Schrift was ein linkes Weltbild mit einer vegetarischen Ernährung zu tun hat. Für ihn war eine vegetarische Ernährung eine Mindestforderung im Kampf für eine „ausbeutungsfreie Gesellschaft“.
Zitat: Rufen wir Proletarier…
Rufen wir Proletarier etwa nach einer humanen Ausbeutung? Oder gilt unser Kampf nicht vielmehr der Ausbeutung überhaupt? Gilt er aber der Ausbeutung überhaupt, dann dürfen wir auch nicht selbst ausbeuten; im Gegenteil: gerade die Ausgebeuteten selbst sind am ehesten in der Lage, die Qualen der Tiere nachzufühlen. Sieht man aber diese Qualen – und man sieht sie, wenn man die Augen aufmacht –, dann ist man auch verpflichtet, sie abzustellen, wenigstens so weit, wie man im Augenblick dazu in der Lage ist. Und die Macht des einzelnen reicht wenigstens so weit, selbst Vegetarier zu sein, also für seinen Teil sich fernzuhalten von dem Morden.
Wenigstens, sage ich; denn das ist in Wahrheit noch sehr wenig. Oder was würden wir zu einem „Sozialisten“ sagen, der glaubt, seiner Pflicht als Sozialist dadurch zu genügen, daß er sich nicht an der Ausbeutung der Arbeiter beteiligt. Als Sozialisten bezeichnen wir doch im Ernst nur den, der gegen den Kapitalismus den Kampf aufnimmt und sich nicht damit begnügt, selbst kein Kapitalist zu sein. – Willi Eichler in Sogar Vegetarier
Der Text Sogar Vegetarier von Willi Eichler
Wir haben für euch eine buchstaben-, zeilen- und seitengetreue Abschrift angefertigt und diese frei verfügbar unter der Creative Commons Lizenz herausgegeben.
Leider enthält der Text einige problematische Aussagen: Auf S. 207 gibt es eine unsensible Verwendung des Begriffes Vergewaltigung. Die Beschreibung des Schächtens im mittleren Teil von S. 208 ist mit antisemitischen Stereotypen durchzogen (raffiniert, hinterlistig, unheimlich). Im oberen Teil von S. 208 und 209 stehen Aussagen, die Gewalt gegen Menschen befürworten. Mehrfach wird der Begriff „Mord“ verwendet.
Willi Eichler (1926): Sogar Vegetarier
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Empfehlen möchten wir euch das Buch Das Schlachten beenden! Zur Kritik der Gewalt an Tieren. Anarchistische, pazifistische, feministische und linkssozialistische Traditionen zu lesen. Das Buch enthält neben Sogar Vegetarier von Willi Eichler weitere bedeutende Texte der linken Tierethik von anderen Autor*innen. Zudem wird der Internationale Sozialistische Kampfbund (ISK), für den Willi Eichler gearbeitet hat, kritisch gewürdigt. Wir haben auch eine Rezension zu Das Schlachten beenden! geschrieben.
Sharepics
Sozis für Tiere hat einige Bilder & Sharepics zu Willi Eichler und dem Text Sogar Vegetarier veröffentlicht. Ein Beispiel:
Wir sind Sozialisten und kämpfen gegen die Ausbeutung. Ausbeutung heißt willkürliche Verletzung von Interessen. Pflanzen-Interessen kennen wir nicht, können sie also auch nicht willkürlich verletzen; wir können Pflanzen also auch nicht ausbeuten. Tier-Interessen kennen wir; wir können also Tiere ausbeuten, und wir tun dies, wenn wir uns von ihrem Fleisch ernähren, solange Pflanzen genug da sind. Solange wir selbst ausbeuten, verwirken wir damit das Recht, von anderen zu verlangen, daß sie uns nicht ausbeuten. Wir hören damit also auf, Sozialisten zu sein.
Wer die Forderung der ausbeutungsfreien Gesellschaft ehrlich zu Ende denkt, wird Vegetarier.